Generell setzt ein nachhaltiger städtischer Mobilitätsplan die Menschen ins Zentrum der Planung. Es geht um die Lebensqualität und wie die Mobilität sie verbessern kann. Die Mobilität steht also im Dienste der Lebensqualität.

Das Ziel des nachhaltigen städtischen Mobilitätsplans (Urban Sustainable Mobility Plan - auch PUMS) ist es, die Probleme im Zusammenhang mit Verkehr und Mobilität zu analysieren und Lösungen sowie Entwicklungsrichtlinien für das nächste Jahrzehnt vorzuschlagen. Der Plan hat eine strategische Bedeutung, da es um grundlegende Themen für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des Territoriums geht. Dabei wird in Synergie mit benachbarten Gebieten gearbeitet, um homogene Lösungen für gemeinsame Probleme zu finden.

Weitere Ziele des PUMS sind die Mobilitätsbedürfnisse der Bürger befriedigen, das Sicherheitsniveau erhöhen, die Transportkapazität steigern und die Phänomene der Verkehrsüberlastung reduzieren.

Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Nachhaltigkeit: Jedes Projekt und jeder Eingriff muss im Hinblick auf eine realistische wirtschaftliche Verträglichkeit und vor allem auf eine gerechte und weitsichtige Umweltverträglichkeit untersucht und umgesetzt werden.

Nach europäischen Vorgaben zielt der Plan darauf ab, die Luft- und Lärmbelastung zu reduzieren, den Energieverbrauch zu senken, die individuelle Nutzung von Autos zu minimieren, kollektive Verkehrssysteme zu entwickeln und die Fahrrad- und Fußgängermobilität zu fördern.

Lebensqualität beschreibt das individuell empfundene Wohlbefinden einer Person. Was das für eine Stadt bedeutet, weiß Jan Gehl, der wohl bekannteste Stadtplaner der Welt.

Auf die Frage, woran man eine lebenswerte Stadt erkennt, hat der 79-Jährige eine einfache Antwort: „Schauen Sie, wie viele Kinder und alte Menschen auf Straßen und Plätzen unterwegs sind. Eine Stadt ist dann lebenswert, wenn sie das menschliche Maß respektiert“, sagt Gehl.

Folgende Ideen zeichnen eine menschenfreundliche Stadt aus:

ÖPNV und Radverkehr
Der öffentliche Verkehr und der Radverkehr ist für viele Menschen entscheidend, ob sie in eine Stadt/einen Ort/eine Gemeinde ziehen oder nicht bzw. ob sie diese(n) verlassen. Das Angebot ist insbesondere für Pendler aber auch für Kinder, Jugendliche und Ältere essenziell. Beweglichkeit ist ein Grundrecht des Menschen!

Gesundheit
Gesundheit geht alle an: Nicht nur, wenn es um Behandlungen geht, sondern auch in der Prävention. Wer sich vorbeugend um seine Gesundheit sorgt, wird weniger krank und bleibt länger vital. Das spart Kosten und lässt Menschen länger in der Eigenverantwortung bleiben. Ausbau und Qualität der Betreuungsformen für Ältere und Kranke bleiben ein Dauerthema in den Städten und Gemeinden.

Das Umweltbewusstsein
Wie sauber und umweltfreundlich eine Stadt ist, hängt in hohem Maß von ihren Bewohnern und Bewohnerinnen ab.

Wirtschaft
Eine gesunde und nachhaltige Wirtschaft ermöglicht erst den Lebensstandard der zu einer gefühlt guten Lebensqualität führt.

Grünflächen und Gewässer / Naherholung
Grünflächen und Gewässer geben der Stadt ihre wichtigen Freizeit- und Erholungszonen. Es sind Orte, an denen die Natur in der Stadt erlebbar ist und an denen sich Menschen begegnen und Zeit miteinander verbringen.

Wohnen
Wohnraum muss den Bedürfnissen der Altersgruppen entsprechen und leistbar sein.

Die nachhaltige Mobilität hat mit allen diesen Lebensaspekten zu tun. Sie muss letztlich dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern.

Ein nachhaltiger städtischer Mobilitätsplan arbeitet mit viel Bürgerbeteiligung. Die Nachhaltigkeit des Planes sieht vor, dass seine Schwerpunkte und Ziele in der Gesellschaft fest verankert sind und von ihr mitgetragen werden. Deshalb ist die Bevölkerung dazu aufgerufen, mitzumachen sowie Notwendigkeiten und Bedürfnisse zu äußern. Die Lösungsvorschläge obliegen dann den Experten. Sie arbeiten in einem hochspezialisierten Prozess integrierte und ganzheitliche Lösungen aus. Den vorläufigen Plan können die Bürger dann noch kommentieren, bevor der Gemeinderat ihn endgültig verabschiedet. Erst danach geht er in die Umsetzung.

Mobilität ist unverzichtbarer Teil des täglichen Lebens. Verkehr ist jedoch auch einer der größten Verursacher von Treibhausgasen. Um den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht zu werden, muss der Verkehr seine Treibhausgasemissionen schnell und drastisch mindern.

Laut Erhebung der Mobilitätsdaten im Jahr 2019 in Brixen sind die Arbeitspendler von und nach Brixen für einen Großteil der Bewegungen verantwortlich. Das heißt auch, daß mit Angeboten, die besonders auf die Bedürfnisse der Pendler zugeschnitten sind, die Verkehrssituation stark verbessert werden kann. Die Pendler nehmen daher eine besondere Rolle in der strategischen Planung ein.

Ein nachhaltig städtischer Mobilitätsplan ist in der EU für Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern verpflichtend. Obwohl die Gemeinde Brixen wegen der Einwohnerzahl nicht verpflichtet ist, entschied sie sich freiwillig, das PUMS-Prinzip anzuwenden. Brixen will nicht mehr nur auf Verkehrsprobleme reagieren, sondern aktiv agieren und langfristig die Mobilität der Stadt gestalten.

Zur Begleitung des PUMS Prozesses beauftragte Brixen die erfahrenen Teams von Netmobility aus Verona und Helios aus Bozen.

 

Daten erheben und hinhören - Die Bestandsaufnahme (quadro conoscitivo)

Am Anfang eines jeden PUMS Prozesses steht eine Bestandsaufnahme. Nach Vorgaben von Netmobility erhob in Brixen  eine spezialisierte Firma die Verkehrsdaten und -ströme. Die Verkehrszählung erfolgte im August und im Oktober 2019 und deckte somit die touristisch sowie die schulisch intensive Zeit ab.  Parallel dazu hörte sich das Expertenteam mit einer Online-Umfrage bei der Brixner Gesellschaft um.

Generell stellt die Datenerhebung das aktuelle Angebot und die Nachfrage nach Mobilität und die dynamischen Beziehungen dazwischen dar.

Die folgenden Bereiche wurden in der Datenerhebung berücksichtigt:

  • Erhebung und Analyse der Ziele, Strategien, Programmierungen und Projekte der Planungsinstrumente und Sektorpläne von kommunaler, provinzieller und regionaler Ebene;
  • Erhebung und Analyse der in Stadtplänen und aus anderen Quellen (z. B. der Provinz Bozen) verfügbaren Informationen und aus anderen Quellen (z.B. Provinz, ISTAT) für die Bewertung des Status quo und der demografischen, sozioökonomischen und territorialen Entwicklungstrends;
  • die Analyse des Verbindlichkeitsrahmens und des Maßnahmenrahmens für den Schutz und die Sicherung der Umwelt unter besonderer Berücksichtigung der atmosphärischen Komponente;
  • Rekonstruktion der historischen Entwicklung der Mobilität und der Verkehrsströme und allgemeine Prognosen zur Definition von Szenarien für die Entwicklung der Mobilitätsnachfrage;
  • Analyse und Aufarbeitung der Daten der Erhebungskampagne der Mobilitätsströme, die von einer Drittfirma im Auftrag der Verwaltung durchgeführt wurden.

Die Aktivitäten der Datenerfassung sehen die Analyse der einzelnen Elemente vor, aus denen sich das Angebot (Infrastrukturen und Dienstleistungen) und die Mobilitätsnachfrage zusammensetzen, und deren Zusammensetzung in einem einheitlichen Bild durch:

  • die Assimilation der Orte, der Berichte und der Hinweise, die die Arbeitsgruppe durch eine Reihe von gezielten Inspektionen erhalten hat;
  • die Rekonstruktion des Straßendiagramms durch die Analyse und Georeferenzierung des Straßennetzes mit seiner aktuellen Klassifizierung und seinen geometrischen und funktionalen Merkmalen, die Untersuchung der geltenden Verkehrsmaßnahmen und der Straßensteuerung (Ampelanlagen, Organisation und Regulierung von Kreuzungen, Verbote für schwere Fahrzeuge, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Verkehrsbeschränkungen, ZTL, APU, 30-Zonen usw.);
  • die Analyse des Angebots des kollektiven Transports auf Schiene und Straße, mit der Identifizierung der Netze, der Routen der Straßenlinien, der die Funktionsweise der Knotenpunkte, die Lage der Haltestellen und Bahnhöfe, die in Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen und den Verwaltungsgesellschaften entwickelt werden sollen;
  • die Analyse des gesamten Radwegenetzes und die Erhebung der wichtigsten Fußgängerwege, die den Beziehungen zwischen den städtischen Funktionen der ersten Ebene dienen;
  • die Erfassung und Verarbeitung der vom ISTAT gesammelten Unfalldaten für die Kartierung von Unfallschwerpunkten und die allgemeine diagnostische Analyse (historischer Trend und Geolokalisierung) und punktuelle Analyse (Analyse der Kausalitätszusammenhänge im Zusammenhang mit dem hohen Unfallniveau an bestimmten Kreuzungen und Straßenabschnitten) der Unfallhäufigkeit im untersuchten Gebiet;
  • die historische Analyse der ISTAT-Pendlerdaten, die nicht nur auf der Auswertung der OD-Matrix der intra- und interkommunalen Bewegungen basiert, sondern auch auf der Schätzung des Modal Split der privaten Bewegungen, der einen der grundlegenden Indikatoren für die Überwachung des PUMS darstellen wird;
  • auf der Nachfrageseite die Ausarbeitung und Analyse der Verkehrsströme, die durch die ad hoc durchgeführten Erhebungen für den PUMS und aus anderen verfügbaren Quellen gesammelt wurden;
  • die Sammlung und Zusammensetzung der zur Verfügung gestellten Daten über die Nutzer des kollektiven Straßen- und Schienenverkehrs.

Ergebnisse im Detail sind in der Bestandsaufnahme im Dokument Quadro Conoscitivo (nur ITA) erfasst.

 

Die Partizipation - Die Schritte hin zur Planentstehung

  • Öffentliche Veranstaltung Forum Februar 2020 - Die Vision

In einer öffentlichen Veranstaltung im Februar 2020 im Forum Brixen stellten die Gemeindeverwaltung und die Experten das PUMS-Konzept sowie die Ergebnisse der Datenerhebung vor. Daraufhin konnten die anwesenden Bürger*innen ihre Vision für Brixen entwickeln.

Video zur öffentliche Veranstaltung

  • Stakeholder Webinar 1. Juni 2020 - Die Definition der Ziele

Mit einer 40-köpfigen Gruppe aus Experten und Interessenvertretern traf man sich in einer Online-Veranstaltung. Aufgeteilt in vier Gruppen wurden aus der Vision die Ziele abgeleitet und definiert.

 

  • Stakeholder Workshop 2. Juli 2020 - Die Ausarbeitung der Strategien

In Präsenz, im Forum, arbeiteten die Experten und Interessenvertreter im Rahmen eines Workshops die Strategien des PUMS aus.

Video Stakeholderveranstaltung 2

  • Stakeholder Workshop 3. Oktober 2020 - Die Definition der Maßnahmen

Noch kurz vor dem zweiten Lockdown konnten sich die Experten und Interessenvertreter im Forum zur Ausarbeitung der Maßnahmen des PUMS treffen.

Video Stakeholderveranstaltung 3

  • Präsentation des Planvorschlags am 16. September 2021

In einer öffentlichen Online-Präsentation am 16. September 2021 wird der nachhaltige städtische Mobilitätsplan der Bevölkerung vorgestellt. Die Bürgerinnen und Bürger, aber auch Vereine und andere Organisationen, haben dann bis 25. Oktober 2021 Zeit, ihre Stellungnahmen zum Mobilitätsplan einzureichen, mittels ordentlichen E-Mail an oeffentliche.arbeiten@brixen.it oder ordentliche oder eingeschriebene Post an Technischer Dienst - Maria-Hueber-Platz Nr. 3 – 39042 Brixen (BZ).

  • Vernetzt analysieren - Der Gesamtüberblick (Quadro diagnostico)

Der Gesamtüberblick zielt darauf ab, eine kritische Analyse des Mobilitätszustands in Brixen zu liefern. Wichtig sind einerseits der Ist-Zustand, aber auch die Referenzszenarien, die die Umsetzung bereits laufender oder geplanten Maßnahmen der Gemeinde Brixen oder anderer öffentlicher und privater Akteure in der Region beschreiben. Auf der Grundlage dieser Analyse soll der Planvorschlag durch die Definition von Zielen und strategischen Richtlinien des PUMS angegangen werden, die dann in der letzten Phase des Entwurfsprozesses in Maßnahmen umgesetzt werden.

Das Dokument mit den Details ist das Dokument "Gesamtbeurteilung".

  • Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Die grundlegende Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung besteht darin, im Voraus die erheblichen Umweltauswirkungen zu ermitteln, die sich aus der potenziellen Umsetzung der Entscheidungen/Maßnahmen des Plans ergeben. Damit können unter den möglichen Alternativen die Lösungen mit den geringsten Auswirkungen und/oder die geeignetsten Abmilderungs-/Ausgleichsmaßnahmen ausgewählt werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher ein gegliederter Prozess, der die Entwicklung und Genehmigung des Plans durchdringt und seinen Inhalt bereichert. Ebenso bezieht die UVP die Umwelt während der Entwicklung des Plans mit ein und bewertet die Auswirkungen des Plans selbst. Die UVP definiert auch das Monitoring, das während des Umsetzung des Plans durchgeführt wird.

Das Dokument mit den Details ist das die Umweltverträglichkeitsprüfung (rapporto ambientale, ITA).